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Forschungsprojekt von Dr. Jesko Fildhuth

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Die befestigte Siedlung Skopelos (Yoğuntaş) und das byzantinisch-bulgarische Grenzgebiet  in Ostthrakien

Kooperationsprojekt des DAI Istanbul und der Istanbul Teknik Üniversitesi (zusammen mit Bilge Ar)   

            

Von der Spätantike bis zum Ende der byzantinischen Epoche war die Region Thrakien von enormer politischer, ökonomischer und militärischer Bedeutung aufgrund ihrer unmittelbaren Nähe zur Hauptstadt Konstantinopel. Nach dem dauerhaften Verlust Ägyptens wurde hier ein Teil der Getreideversorgung der Bevölkerung der Stadt sicher gestellt, durch die Region verliefen wichtige Handelsstraßen und Kommunikationslinien zu den westlichen Provinzen des Reiches und den benachbarten Staaten, zudem diente Thrakien als  vorgeschobener Verteidigungsgürtel Konstantinopels gegen Invasoren vom Balkan. Dies spiegelt sich insbesondere in der großen Anzahl von Burgen und befestigten Siedlungen in diesem Gebiet wieder. Obwohl viele dieser Anlagen gut erhalten sind, wurden sie bis jetzt kaum detailliert untersucht. 

Bei einer dieser Anlagen handelt es sich um die befestigte Siedlung Skopelos, die sich nahe der modernen Siedlung Yoğuntaş im Distrikt Kırklareli befindet. Der Ort wurde im Zuge der Wiedergewinnung des östlichen Thrakiens im 8. Jh. als Bischofssitz und befestigter Vorposten nahe der Grenze zum Bulgarischen Reich gegründet. Darüber hinaus nahm Skopelos eine Schlüsselposition in einem Verteidigungssystem ein, dem eine große Zahl kleinerer Burgen anzuschließen, die sich vor allem im Gebiet der Istranca Bergkette befinden. Die insgesamt 46 Burgen wurden neben der byzantinischen auch älteren Epochen zugewiesen (thrakisch, römisch und spätantik). Der Großteil der älteren Anlagen, weist jedoch Spuren einer Nutzung bis in die byzantinische Epoche auf.   

Aufgrund der überschaubaren Größe von ca. 4 ha, des guten Erhaltungszustandes, der durch die Schriftquellen überlieferten administrativen und militärischen Bedeutung des Platzes als regionales Zentrum sowie die beträchtliche Anzahl weiterer Fundstellen im Umkreis bietet Skopelos gute Ausgangbedingungen für einen Survey der Anlage und der näheren Umgebung. In einer ersten Kampagne zielte die Untersuchung darauf ab auf Grundlage der Dokumentation aller materieller Hinterlassenschaften (Baustrukturen und Oberflächenkeramik) sowie unter Einbeziehung der Topographie, Struktur und Funktion der befestigten Siedlung zu analysieren. Darüber hinaus wurde für die gesamte Region eine GIS basierte archäologische Karte erstellt, in der alle bekannten Fundstellen eingetragen wurden. 

In einer zweiten Kampagne 2017 wurden vier kleinere Festungen in der Umgebung untersucht, für die ebenso wie für Skopelos dreidimensionale Geländemodelle erstellt wurden. Ferner wurden die Fundstellen einer  Topographischen Prominenz-Analyse unterzogen, einer rechenbasierten Methode, mit der der Grad der Sichtbarkeit eines Platzes in einem bestimmten Radius, aber auch die Sichtverbindungen zwischen verschiedenen Plätzen unter Berücksichtigung der sich veränderten Vegetationsverhältnisse (insbesondere des ursprünglich hier vorhandenen Bewaldung) ermittelt und bewertet werden können. Auf dieser Grundlage lassen sich unter Einbeziehung von Vergleichsbeispielen die Zugehörigkeit einzelner Plätze zu einem Siedlungs- bzw. Verteidigungsnetzwerk und ihre spezifische Funktion innerhalb dessen bestimmen und bewerten.   

Die hier gewonnen Ergebnisse sollen in den regionalen Kontext eingefügt werden, um den Kenntnistand von Siedlungsstrukturen dieser Zeit im östlichen Thrakien zu erweitern – unter besonderer Berücksichtigung, dass es sich dabei um eine militarisierte Grenzregion handelte. Aus historischer Sicht erscheint die Erforschung solcher Mikroregionen äußerst vielversprechend, spielen doch gerade die bislang kaum bekannten kleineren Niederlassungen und ihre Beziehung untereinander eine maßgebliche Rolle innerhalb der engmaschigen byzantinischen Infrastruktur.